Praxisforschung – Begriffsverständnis im NutriNet

Für die transdisziplinäre Zusammenarbeit von Praktiker*innen, Berater*innen und anwendungsorientiert forschenden Wissenschaftler*innen im Ökolandbau hat sich in den letzten Jahren der Begriff der „Praxisforschung“ etabliert. Das hier beschriebene Verständnis von Praxisforschung ist Grundlage für unsere Arbeit im NutriNet. 

Wissensträger*innen arbeiten in Praxisforschungsvorhaben gemeinsam an Lösungen für praxisrelevante Probleme und bringen aktiv ihr Expert*innen-Wissen gleichberechtigt dafür ein. Der Partizipationsgrad der Praktiker*innen im Forschungsprozess kann im Bereich der kollaborativen und kollegialen Zusammenarbeit (Biggs 1989) verortet werden. Er ergibt sich unter anderem aus der konkreten Fragestellung, den zeitlichen Ressourcen der Praktiker*innen und unterschiedlichen Kompetenzen der beteiligten Akteur*innen. Dafür sind neben Fachkompetenzen aus verschiedenen Fachdisziplinen auch systemeinordnendes Wissen, methodische, soziale und Selbstkompetenzen wichtig.

 

Grundlegend für Praxisforschung im Ökolandbau ist es, dass beteiligte Akteur*innen den gesamten Forschungs- und Entwicklungsprozess gemeinsam und auf Augenhöhe gestalten. Dies beginnt bei der Ermittlung des Bedarfs mit Praxis und Beratung, der Entwicklung von Forschungsfragen und reicht bis zur Interpretation von Versuchsergebnissen, schließt aber auch die konkrete Gestaltung des gemeinsamen Forschungsprozesses ein. Durch die gemeinsame Identifikation von Zielen und die ko-kreative Entwicklung von Forschungsdesigns, das kontinuierliche Gespräch sowie anlassbezogene Anpassungen im Projektverlauf (iterativer Prozess) können unterschiedliche Bedarfe verstanden, eingebunden und (immer wieder) aufeinander abgestimmt werden.

 

Versuchsanlagen in der ackerbaulichen Praxisforschung verfolgen eine wissenschaftliche Zielstellung unter Praxisbedingungen. Sie halten die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens von Gleichbehandlung, Kontrollvarianten, Randomisierung und räumlichen Wiederholungen ein. Dies kann auch über die Durchführung von Netzwerkversuchen   erreicht werden, in denen mehrere Betriebe zu Clustern zusammengefasst werden und identische, einfach wiederholte Versuche anlegen. Reine Demonstrationsanlagen können das Versuchskonzept eines Praxisforschungsvorhabens zur Eingrenzung und Annäherung an eine Forschungsfrage oder zum Heranführen der Beteiligten an Versuchsanlagen ergänzen. 

Die ko-kreative Vorgehensweise in der Prozessgestaltung und Versuchsdurchführung trägt zu einer engen Verzahnung verschiedener Wissensfelder bei und stärkt den kontinuierlichen Wissenstransfer in alle Richtungen. Durch einen stark systemorientierten Anwendungsrahmen entstehen unter Praxisbedingungen neues Wissen und konkret anwendbare Lösungsansätze für die Praxis.

Text: Anne Droscha, Leonie Höber, Babett Jánszky, Henrike Rieken

Ansprechpartnerin

Anne Droscha
Tel. +49 6155 846985
Anne.Droscha(at)demeter.de

Kompass Praxisforschung

Nach fünf Jahren Projektarbeit im Praxisforschungsnetzwerk NutriNet haben wir im „Kompass Praxisforschung“ unsere Erkenntnisse zum Praxisforschungsprozess zusammengefasst. Wir schildern Konzept und Abläufe der Praxisforschung im NutriNet, benennen Erfolgsfaktoren und geben Impulse für Forschende und Koordinierende, damit die transdisziplinäre Zusammenarbeit gelingt.

Zum Kompass

Quellen

  • Biggs S.D. (1989): Ressource-poor farmer participation in research: a synthesis of experiences from nine national agricultural research systems, OFCOR Comparative Study Paper 3, The Hague (NL)
Letztes Update dieser Seite: 06.09.2024