Nährstoffkreisläufe im Ökolandbau mit Recyclingdünger schließen
Die ökologische Landwirtschaft strebt möglichst geschlossene Nährstoffkreisläufe an. Dass diese nicht immer realistisch sind, zeigt sich beispielsweise beim Nährstoff Phosphor. Zusammen mit anderen Nährstoffen verlässt dieser über Marktfrüchte in großen Mengen landwirtschaftliche Betriebe und wird – gerade über den Pfad der Humanernährung – nicht zurückgeführt. Ein Feldtag im NutriNet beschäftigte sich mit dem Potenzial recycelter Dünger aus der Kläranlage für den Ökolandbau. Die Teilnehmenden besichtigten im Zuge der Veranstaltung eine Kläranlage und informierten sich über die Herausforderungen bezüglich der Rückgewinnung von Nährstoffen.
Praxisversuche zum Einsatz von Recyclingdüngern
Der Feldtag Mitte September startete auf dem NutriNet-Betrieb von Toni Wollschläger in Langenpreising bei Moosburg. Zusammen mit Tochter Lena Heilmeier legte Wollschläger im NutriNet über drei Jahre hinweg Praxisversuche in Winterweizen und Sommerhafer an, bei denen Struvit zum Einsatz kam: ein Phosphor-Rezyklat, das in Kläranlagen gewonnen werden kann und mittlerweile nach EU-Öko-Verordnung für den Ökolandbau zugelassen ist. Das Interesse des Betriebs an der alternativen Phosphor-Düngung ergab sich, weil der Boden am Betrieb aufgrund eines geringen Tierbesatzes und eines langjährigen hohen Anteils an Speisegetreide in der Fruchtfolge sehr wenig pflanzenverfügbaren Phosphor aufweist (Versorgungsstufe A nach VDLUFA). Zudem trägt der pH-Wert von über 7 dazu bei, dass der Phosphor aus dem Bodenvorrat sowie aus organischen Düngern nur schwer löslich ist. Johannes Weiß, Regioberater im Regionetzwerk Bayern, stellte die Erkenntnisse aus den Praxisversuchen vor. Es zeigten sich bisher keine Ertragssteigerungen durch das Struvit. Dies kann unter anderem damit zu tun haben, dass Getreide nicht zu den besonders Phosphor-bedürftigen Kulturen zählt. Bisher wurde das Struvit in Weizen und Hafer eingesetzt, da diese Kulturen wichtige Marktfrüchte des Betriebes sind. Die Betriebsleiter wollen das Struvit künftig in Leguminosen testen, um zu sehen, ob sich dort Ertragssteigerungen zeigen.
Ansätze zur Rückgewinnung von Nährstoffen aus der Kläranlage
Erwin Schäfer ist Betriebsleiter einer überregionalen Kläranlage in Ulm und bewirtschaftet einen Bioland-Betrieb im Nebenerwerb. In Zusammenarbeit mit Unternehmen untersucht er in verschiedenen Projekten, wo und wie in der Prozesskette der Klärung praxistaugliche Düngeprodukte für die Landwirtschaft gewonnen werden können. Er referierte am NutriNet-Feldtag und ging auf Herausforderungen ein, die ihm bei der Rückgewinnung von Nährstoffen begegnen.
Schäfer berichtete, dass eine Kläranlage in jedem Fall viele neue technische und biologische Lösungen braucht, um Nährstoffe zurückgewinnen zu können. Dafür braucht Investitionen und die entsprechende Motivation der Betreibenden. Denn derzeit ist das Recycling von Nährstoffen für Betreibende von Kläranlagen nicht verpflichtend und steht daher weniger im Fokus. Ab dem Jahr 2029 wird es für größere Kläranlagen mit über 100.000 Einwohnergleichwerten (ein Referenzwert für die Menge an Schmutzfracht) jedoch verpflichtend sein, Phosphor aus den Klärschlämmen bzw. der Klärschlammasche zurückzugewinnen. Ab dem Jahr 2032 gilt dies auch für Kläranlagen mit über 50.000 EW. Mit der aktuellen Technik der Rückgewinnung wäre es auch jetzt schon möglich, etwa 60 % des aktuellen Phosphor-Mineraldüngereinsatzes in der deutschen Landwirtschaft mit Rezyklaten abzudecken. Derzeit werden jedoch nur minimale Mengen tatsächlich recycelt.
Aktuell ist eine Rückgewinnung von Stickstoff noch kein großes Thema. Der Nährstoff wird im Klärprozess derzeit unter großem Energieeinsatz in die Luft abgegeben. Ein stärkerer Fokus auf die Rückgewinnung von Stickstoff an dieser Stelle des Kreislaufs hätte Vorteile für sowohl Umwelt als auch Landwirtschaft.
Herausforderungen am Beispiel der Kläranlage in Freising
Die etwa fünfzehn Teilnehmenden des Feldtages machten sich nach den interessanten theoretischen Inputs auf den Weg zur Kläranlage in Freising. Dort informierte Frau Zacherl-John darüber, wie die Abwasserreinigung funktioniert und ging auf Herausforderungen ein, denen sie und ihr Team in ihrer Arbeit gestellt sind. Die Anforderungen an die Reinheit der Abwässer beispielsweise wachsen stetig, die Kläranlage in Freising befindet sich jedoch auf relativ kleinem Raum und kann nicht mehr ohne eine Flächenerweiterung um weitere Reinigungsstufen ergänzt werden. Insbesondere die stark steigende Belastung des Abwassers mit Medikamentenrückständen und Hormonen stellt die Abwasserreinigung immer mehr vor Probleme. Damit die Reinigung gelingt, braucht es teure Technik, wie beispielsweise Aktivkohlefilter, die bei Weitem noch nicht in jeder Kläranlage verbaut sind. Hier sind auch die Bevölkerung und Arzneimittelhersteller gefragt, um den Eintrag von Stoffen zu minimieren, die nicht in die Toilette gehören.
Im Gespräch mit Herrn Schäfer und Frau Zacherl-John wurde deutlich, wo ein großer Zielkonflikt liegt. Die primäre Aufgabe von Kläranlagen ist derzeit die Abwasserreinigung, nicht oder nur geringfügig die Rückgewinnung von Nährstoffen. Für möglichst geschlossene Nährstoffkreisläufe müssen diese zwei Aspekte jedoch zwingend zusammengedacht werden.
Nährstoffrecycling als wichtiges Zukunftsthema
Die Teilnehmenden des Feldtages waren sich einig, dass die Rückgewinnung von Nährstoffen wie Phosphor wichtig ist, um Kreisläufe zu schließen. Importe von mineralischem Phosphor, welcher häufig mit Schwermetallen belastet und zudem endlich ist, könnten dadurch reduziert werden. Damit das Recycling künftig funktioniert, braucht es unter anderem Zeit und Innovationen, die es praxistauglich machen: für die Kläranlagen in der Umsetzung, für den Gesetzgeber – um die Voraussetzungen bestmöglich zu schaffen – und für die Landwirtinnen und Landwirte in der Anwendung der recycelten Düngemittel.
Text: Johannes Weiß, Elisa Mutz
Kontakt Regioberaterin
Victoria Altvater
Tel. +49 1516 5905198
v.altvater(at)naturland-beratung.de
Regionetzwerk Bayern
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