Wissensfortschritt gemeinsam vorantreiben:
Praxisforschung in der Öko-Agrarforschung

Biobauern und –bäuerinnen treiben Innovation voran, indem sie auf ihren Betrieben an offenen Fragen experimentieren, neue Ideen entwickeln und unter Standortbedingungen testen. Aus diesem Forschergeist heraus hat sich in der Zusammenarbeit mit anwendungsorientiert forschenden Wissenschaftler*innen der Ansatz der sogenannten Praxisforschung etabliert. Als transdisziplinärer, stark praxis-orientierter Ansatz gilt Praxisforschung als zukunftsweisend bei der Beantwortung der größten Herausforderungen in der ökologischen Landwirtschaft und dient somit der Stärkung des komplexen Wissenssystems.

Das gemeinsame Forschen von Praktiker*innen und Wissenschaftler*innen hat schon in vielen Wissensbereichen der ökologischen Landwirtschaft Früchte getragen und findet in der Biopraxis daher breite Anerkennung. Zugleich fehlt in vielen Wissenschaftsinstitutionen und in der Forschungsförderung vielerorts noch der Rückhalt für den Praxisforschungsansatz, dessen methodische Umsetzung nicht eindeutig definiert ist und der nicht zwangsläufig alle wissenschaftlichen Anforderungen im herkömmlichen Sinne erfüllt.

Dies ist unter anderem einer breiten Auslegung und Verwendung des Begriffs „Praxisforschung“ geschuldet, die sich ohne die Bestimmung und Ausdefinition von gemeinsam gültigen Qualitätskriterien eingeschliffen hat. Hier setzt das NutriNet an: Praxisforschungsansätze unter die Lupe nehmen, weiterentwickeln und zugleich die Diskussion um die Deutung und Klärung des Praxisforschungsbegriffs führen.

Praxisforschung auf Regiobetrieben

Dies geschieht durch die Entwicklung, Erprobung und Evaluation eigener Praxisforschungsanlagen und -formate mit dem Ziel, Nährstoffmanagementstrategien zu optimieren. Dazu werden anhand der Fragestellungen der 60 beteiligten Regiobetriebe angepasste Versuchsdesigns für Praxisforschungsanlagen auf einzelnen Betrieben entwickelt und von den Landwirt*innen unter Anleitung und mit Unterstützung der Regioberater*innen umgesetzt. Zur Anleitung und zur Diskussion der gemeinsamen Forschungsarbeit treffen sich die Regiobetriebe regelmäßig in Fieldschools.

Die Erfolge und Hemmschuhe dieses Prozesses werden im Projekt dokumentiert und ausgewertet. Materialien, Formate und Versuchsdesigns werden auf dieser Basis fortlaufend angepasst und verbessert.

 

Zielorientierte Lösungen finden

Die Evaluation der Forschungsansätze im Projekt dient auch der theoretischen Weiterentwicklung von Praxisforschung und den ihr zugrunde liegenden Prozessen und Begrifflichkeiten. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf sozialwissenschaftliche Aspekte in der Zusammenarbeit von Wissenschaft, Beratung und Praxis gelegt werden. Denn Praxisforschung ist nicht nur die Anwendung wissenschaftlicher Verfahren unter Einbezug von Nichtwissenschaftler*innen.

Praxis-Forschungs-Kooperationen sind vielschichtige Vorhaben, in denen neben den fachinhaltlichen Fragestellungen auch ein enger Austausch verschiedener Wissensfelder ermöglicht, organisiert und umgesetzt werden muss. Diese Prozessarbeit sichtbar zu machen und als Teil der Forschungsarbeit zu verstehen, wird zur weiteren Stärkung von Praxisforschung beitragen.

Dafür greift das Projektteam auf das breite Kompetenzfeld aus Praxis und Beratung, Agrar- und Sozialwissenschaften zurück und bindet darüber hinaus weitere Expert*innen und Stakeholder*innen von Praxisforschung über die Runden Tische und den Beirat des NutriNets ein.

Die erarbeiteten Erfolgskriterien und Empfehlungen sollen nach Projektende auch anderen Praxisforschungsinteressierten zur Verfügung stehen. Erkenntnisse und Zwischenergebnisse aus diesem Prozess werden wir an dieser Stelle vorstellen.

Text: Babett Jánszky, BÖLW

Ansprechpartnerin

Anne Droscha
Tel. +49 6155 846985
Anne.Droscha(at)demeter.de

Literaturtipps

Ausgewählte Literatur zur Praxisforschung in der ökologischen Landwirtschaft finden Sie hier.

Letztes Update dieser Seite: 22.11.2022