Die fünf Säulen der Bodenfruchtbarkeit

Die fünf Säulen der Bodenfruchtbarkeit sind ausgewählte Bodeneigenschaften, die Auskunft über das Fruchtbarkeitspotenzial eines Bodens geben. Sie lassen Rückschlüsse darauf zu, ob Bodenfunktionen optimal ablaufen oder ob Maßnahmen ergriffen werden können, um die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern. Die Bodeneigenschaften werden durch natürliche Standortbedingungen wie Klima und Ausgangsgestein beeinflusst, sie können aber auch durch landwirtschaftliche Nutzung verändert werden. Sie stehen dabei in enger Wechselwirkung: Verändert sich ein Parameter, kann sich das auf andere Eigenschaften auswirken.

Humusgehalt

Humus besteht aus organischen Reststoffen, die in enger Interaktion mit dem Bodenleben (Makro-, Mikro- und Mesofauna) und den lebenden Pflanzenwurzeln (Flora) zu verschiedensten Umbau-, Abbau- und Endprodukten verarbeitet werden. Daraus entstehen Humusformen wie der kurzfristigere Nährhumus oder der stabile Dauerhumus - abhängig von Entwicklungsstadium und Ausgangsmaterial. Obwohl der Humusgehalt in vielen Ackerböden häufig nur 1,5 bis 3 Prozent ausmacht, ist er doch ein essenzieller Bestandteil in den Böden. Das liegt an seinen Eigenschaften: Humus hat positive Auswirkungen auf den Luft- und Wasserhaushalt sowie auf die Nährstoffdynamik. Dabei geht Qualität vor Menge: Hohe Mengen organischer Substanz ergeben noch keinen Humus. Erst durch die Interaktion mit dem Bodenleben sowie den lebenden Pflanzenwurzeln entstehen Humusformen, die die Bodeneigenschaften positiv beeinflussen.

Jeder Bodentyp weist spezifische Humusgehalte auf. Böden, die aus organischer Substanz entstanden sind - z.B. Moorböden - haben häufig sehr hohe Humusgehalte im Vergleich zu Böden aus mineralischem Ausgangsgestein. Der Humusgehalt lässt sich innerhalb der natürlichen Rahmenbedingungen durch landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmethoden beeinflussen. Eine Erhöhung des Humusgehaltes wirkt sich positiv auf die Bodenfruchtbarkeit aus. Um zu erfassen, wie sich der Humusgehalt einer Fläche über die Zeit verändert und zu verstehen, welche Maßnahmen sich wie auf den Humusgehalt auswirken, ist es hilfreich, den Humusgehalt über längere Zeiträume zu bilanzieren.

 

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Kationenaustauschkapazität (KAK)

Im Boden vorhandene Tonminerale und Ton-Humus-Komplexe weisen negative Ladungen auf, an die sich positiv geladene Elemente wie Calcium, Magnesium, Kalium, Natrium und Ammonium (Kationen) binden. Im Austausch gegen andere positiv geladene Teilchen aus der Bodenlösung (z.B. Wasserstoffionen) können diese Kationen in die Bodenlösung abgegeben und damit für die Pflanzen verfügbar werden. Die Summe der austauschbaren Kationen bezeichnet man als Kationenaustauschkapazität (KAK). Anionen (negativ geladene Elemente wie Sulfat-, Nitrat- und Chlorionen) finden keinen Halt an den Tonmineralen. Sie sind daher meist frei in der Bodenlösung vorhanden und können sofort mobilisiert werden, unterliegen aber auch stärker der Auswaschung.

Je mehr Bindungsmöglichkeiten ein Boden bietet, desto größer ist auch die KAK. Böden mit einem hohen Tonanteil können Nährelemente besser binden als Sandböden. Humus bzw. Ton-Humus-Komplexe bieten aufgrund ihrer großen Oberfläche zusätzliche Speicherplätze. Mit einer Erhöhung des Humusanteils steigt auch die KAK eines Bodens.

Ionen befinden sich im Boden immer in einem Fließgleichgewicht: Werden positiv geladene Kationen ausgewaschen (z.B. Calcium) oder von der Pflanze verbraucht (z.B. Kalium) und nicht in derselben Menge nachgeliefert, treten Wasserstoff- oder – bei niedrigen pH-Werten - sogar Aluminiumionen an deren Stelle. Es kommt zur Versauerung. Dies wirkt sich z.B. negativ auf die Krümelstruktur aus.

Um das Fruchtbarkeitspotenzial eines Bodens zu bestimmen, ist nicht nur die Gesamtmenge der Ionen relevant, sondern auch, in welchem Mengenverhältnis sie vorliegen.

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pH-Wert und Calciumversorgung

Calcium ist elementarer Bestandteil einer stabilen Bodengare. Es fungiert als Bindeglied zwischen Tonmineralen und organischer Bodensubstanz und trägt so zur Bildung von stabilen Ton-Humus-Komplexen bei, die den Böden Elastizität verleihen.

Um herauszufinden, ob der Boden optimal mit Calcium versorgt ist, kann man in einem ersten Schritt den pH-Wert heranziehen. Er gibt nur eine grobe Richtung vor, weil er nicht nur durch den Calciumgehalt, sondern auch durch weitere basisch wirkende Kationen wie Magnesium und Kalium beeinflusst wird. Mit geeigneten Bodenuntersuchungen lassen sich zusätzlich die Belegung der Austauschplätze an den Tonmineralen und Ton-Humus-Komplexen und damit der Calciumgehalt bestimmen.

Jede Bodenart erfordert spezifische pH-Werte und Kalkgehalte, um optimal für die Bildung einer stabilen Bodengare versorgt zu sein. Der pH-Richtwert für leichte Böden liegt bei 6,0 bis 6,5, der für schwere Böden bei 6,5 bis 7,0. Besteht ein Ungleichgewicht zwischen den basisch wirkenden Kationen, kann sich dies negativ auf die Bodenstruktur auswirken: Zu viel Magnesium wirkt beispielsweise verhärtend, bei zu viel Kalium tritt eine verschlämmende Wirkung auf. Das Verhältnis der Elemente zueinander ist daher je nach Bodenart entscheidend. So benötigen beispielsweise Sandböden tendenziell ein engeres Magnesium-Calcium-Verhältnis als Tonböden.

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Das Porengefüge: Luft- und Wasserhaushalt

Böden bestehen neben der festen Bodensubstanz zu einem größeren Teil aus Hohlräumen, dem sogenannten Porensystem, das Wasser und Luft enthält. Das Porensystem ist weit verzweigt und untergliedert sich in Grob-, Mittel- und Feinporen. Wasser wird entgegen der Schwerkraft in diesem Porensystem im Boden gehalten. Das gesamte Porenvolumen ist der potenzielle Wasserspeicher, die Größe ist abhängig von der Bodenart:

  • Grobkörnige Böden (Sand)                          = ca. 40 Vol. %
  • Feinkörnige Böden (Schluff, Lehm, Ton)    = ca. 60 Vol. %

Je nach Niederschlagssumme ist das Porensystem zu einem gewissen Prozentanteil gefüllt. Die Feldkapazität (FK) ist eine Messgröße dafür: Pro effektiver Durchwurzelungstiefe von 10 cm weist ein Boden 100 Liter/m2 Gesamtvolumen auf. Ein lehmiger Standort mit ca. 80 cm Gründigkeit hat ein Gesamtvolumen von 800 Litern/m2. Bei einem Porenvolumen von 60 Vol. % sind das 480 Liter/m2 Feldkapazität - also potenzieller Wasserspeicher.

Da die Pflanze aber nur überwiegend Wasser aus den Mittelporen entnehmen kann (in den Feinporen ist es zu fest eingeschlossen (Totwasser) und in den Grobporen wird es nur kurzzeitig gespeichert) ist nicht das gesamte Wasser der Feldkapazität pflanzenverfügbar. Die nutzbare Feldkapazität (nFK) ist kleiner als die FK. Je nach Bodenart kann man als nFK annehmen:

  • Sand                = ca. 8-10 Vol. %
  • Ton                  = ca. 10-12 Vol. %
  • Schluff            = ca. 18-20 Vol. %

Als Beispiel hat der lehmige Standort mit etwa gleichen Anteilen Sand, Schluff und Ton etwa 16 Vol. % nFK. Bei einer effektiven Durchwurzelungstiefe von 80 Zentimetern sind das 128 Liter pflanzenverfügbares Wasser pro Quadratmeter (8 x 100 x 0,16).

Möchte man das Wasserpotenzial eines Standorts bestimmen, kann man gegenrechnen: Ein wachsender Pflanzenbestand verdunstet pro Tag drei bis fünf Liter/m2 über Boden- und Pflanzenoberfläche. Ist der Wasserspeicher des Bodens voll aufgefüllt, kann eine Trockenphase von 32 Tagen kompensiert werden, bevor mit stärkeren Ertragseinbußen zu rechnen ist (128/4).

Das Wasserspeicherpotenzial ist ein wesentlicher Aspekt der Bodenfruchtbarkeit, der durch den/die Landwirt*in beeinflusst werden kann: Eine Steigerung des Humusgehaltes um 1 % erhöht die nFK ebenfalls um 1 Vol. %. Mehr Humus führt zu einer besseren, stabileren Bodengare, wodurch mehr potenzielle Hohlräume zur Wasserspeicherung gebildet werden. Im Gegenzug können sich Bewirtschaftungsmaßnahmen auch negativ auswirken: Verdichtungen schmälern beispielsweise das Porensystem, wodurch weniger pflanzenverfügbares Wasser gespeichert werden kann und der Lufthaushalt und damit die Versorgung des Bodenlebens mit Sauerstoff gestört wird.

 (Quelle Zahlen: Hermann, L. (2018): Bodenkunde Xpress, S. 62-63 und S. 108, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart; Ad-hoc-ARBEITSGRUPPE BODEN der Geologischen Landesämter und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe der Bundesrepublik Deutschland (2005): Bodenkundliche Kartieranleitung, 5. Verbesserte und erweiterte Auflage, E. Schweitzerbart´sche Verlagsbuchhandlung, S. 344 ff.)

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Durchwurzelbarkeit

Wasser, Nährstoffe und Bodenleben - je tiefer der Boden ist, desto mehr Kontakt hat die Pflanzenwurzel zu diesen Elementen. Die Gründigkeit eines Bodens ist in erster Linie geogen bedingt: Von wenigen Zentimetern Bodenauflage im Jura bis hin zu meterdicken Lössablagerungen im Gäuboden oder in der Magdeburger Börde - die Unterschiede sind groß. Doch nicht die gegebene Tiefgründigkeit, sondern die tatsächliche Durchwurzelbarkeit ist entscheidend. Anderthalb Meter Lössauflage sind für Pflanzen nur dann vollumfänglich nutzbar, wenn ihre Wurzeln sich diese auch erschließen können. Die Durchwurzelbarkeit hängt von den natürlichen Bedingungen eines Standortes ab, kann aber auch durch den/die Landwirt*in beeinflusst werden:

  • Physikalische Beeinträchtigungen: Schließt eine nur sehr eingeschränkt durchwurzelbare Bearbeitungssohle den Unterboden von der Krume ab, können die Potenziale im Unterboden nicht genutzt werden. Solche Beeinträchtigungen können auch natürlichen Ursprungs sein, wenn zum Beispiel harte Sedimentablagerungen schichtenweise auftreten.
  • Chemische Beeinträchtigungen: Ändert sich das Bodenmilieu schlagartig, hemmt dies das Wurzelwachstum. Das können zum Beispiel starke pH-Wert-Schwankungen zwischen Krume und Unterboden sein. Diese Schwankungen können innerhalb weniger Zentimeter auftreten.
  • Biologische Beeinträchtigungen: Tief eingearbeitete organische Substanz kann ebenfalls die Durchwurzelbarkeit hemmen. Vor allem dann, wenn die organische Substanz mattenartig eingearbeitet wurde und Sauerstoffarmut den Abbau hemmt.

Um eine optimale Durchwurzelbarkeit zu erreichen, sollte geprüft werden, ob eine Beeinträchtigung vorliegt, die sich durch eine Änderung der Bewirtschaftungsweise reduzieren lässt.

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Text: Alexander Watzka


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Literaturtipps

  • Scheffer/Schachtschabel (2018): Lehrbuch der Bodenkunde. Unter Mitarbeit von T. Gaiser, J. Gauer, N. Stoppe, S. Thiele-Bruhn und G.Welp. 17., überarbeitete und ergänzte Auflage. Berlin: Springer Spektrum

  • Hermann, L. (2018): Bodenkunde Xpress, Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer

  • Ad-hoc-ARBEITSGRUPPE BODEN der Geologischen Landesämter und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe der Bundesrepublik Deutschland (2005): Bodenkundliche Kartieranleitung, 5. Verbesserte und erweiterte Auflage, E. Schweitzerbart´sche Verlagsbuchhandlung

  • Hennig, E. (2017): Geheimnisse der fruchtbaren Böden, OLV-Verlag, Kevelaer

  • Sekera, M. (2012): Gesunder und kranker Boden, OLV-Verlag, Kevelaer

  • Watzka, A. (2019): Gepflegter Wasserhaushalt. Der Boden hat viel Potenzial. bioland Fachmagazin (07/2019): S.18-20 (Download pdf-Datei, 1,7 MB)

Letztes Update dieser Seite: 06.09.2023