Verschiedene Hacktiefen in Winterweizen (Anbau in Weiter Reihe)

1. Versuchsdurchführung

Regionetzwerk Niedersachsen, Praxisforschungsversuch

2. Hintergrund

Beim System Weite Reihe (Reihenabstand 30 - 50 cm) wird bei Brotgetreide (hier Winterweizen) eine Verbesserung der Backqualität angestrebt. Dies soll über eine bessere Lichtausnutzung über die Blätter der Pflanzen sowie durch zusätzliche N-Mineralisation aufgrund von mehreren Hackgängen erreicht werden. In der Praxis ist bei Weizen speziell eine Erhöhung des Rohproteingehaltes das Ziel.  Zudem bietet der Einsatz der Hackmaschine mehr Möglichkeiten zur mechanischen Unkrautregulierung. Hacken kann flexibler erfolgen als das Striegeln und ist auch zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich. Stark verwurzelte Problemunkräuter wie Ackerfuchsschwanz, Hohlzahn, Quecken, Disteln, Ackerwinde, Vogelwicke oder Klettenlabkraut können besser reguliert werden. Auch Spätverunkrautung ist weniger problematisch. Bei normalen Reihenabständen hingegen kann in der Regel nur gestriegelt werden.

Auf dem NutriNet-Betrieb werden betriebsüblich 10 cm breite Gänsefußscharen eingesetzt, die auf etwa 2 cm Tiefe konstant laufen. Durch das Hacken wird die Kruste gebrochen, was zur besseren Konservierung der Bodenfeuchtigkeit führt. Zudem kann der Vorgang die Mineralisierung anregen.

Ausgehend für den Praxisversuch war die Überlegung, dass tiefer gestellte Schare (8 cm) zu mehr Bodenbewegung und damit zu einer Steigerung der Mineralisierung führen könnten im Vergleich zu den betriebsüblich eingestellten Scharen. Der Betriebsleiter stellte sich die Frage, ob und wie sehr sich das Hacken mit tiefgestellten Scharen auf den Ertrag auswirkt und ob es die Backqualität beeinflusst.

Es wurde eine randomisierte Versuchsanlage angelegt. Die untersuchten Hacktiefen waren 2 cm bzw. 8 cm. Zudem wurden drei Nullparzellen angelegt, auf denen im Versuchsverlauf auf zwei Parzellen nicht gehackt wurde und auf einer Parzelle ein Hackgang am erfolgte.

3. Versuchsfrage(n)

Kann durch einen tieferen Hackgang (8 cm) im Vergleich zur betriebsüblichen Hacktiefe von 2 cm die N-Mineralisierung so angeregt werden, dass sich dieses Verfahren a) positiv auf den Ertrag und b) positiv auf den Proteinwert oder andere Qualitätsparameter des Backweizens auswirkt? 

Was passiert, wenn nicht gehackt wird? Wie wirkt sich der Verzicht des Hackens auf den Ertrag, auf den Proteinwert und auf andere Qualitätsparameter des Backweizens aus?

4. Versuchsaufbau

Standortbeschreibung
Boden-Klima-Raum147 leichter Lehmboden, mittleres Niedersachsen
Höhenlage (m ü NN)48
BodenartLehmiger Sand, 50 BP
Jahresniederschlag in mm645, keine Bewässerung
Durchschnittstemperatur in °C10,4
Ausgangslage auf der Versuchsfläche vor Versuchsanstellung
FruchtfolgeKleegras – Kleegras – Winterweizen mit anschließender ZF – Mais – Ackerbohnen-Hafer-Gemenge
DüngungMist 15 t/ha, Patentkali 300 kg/ha
Pflegemaßnahmen3 x Hacken, 1 x Striegeln
BodenuntersuchungenGrundbodenuntersuchung nach EUF vom 11.3.2023:
Mischprobe

Humus: 2,5 % mittel
Phosphor: 1,2 mg/100 g verfügbar; 1,3 mg /100 g nachlieferbar (A)
Kalium: 3 mg/100 g verfügbar; 2 mg/100 g nachlieferbar (B)
Stickstoff: 0,9 mg/100 g Nitrat-Stickstoff verfügbar; 0,7 mg/100 g organisch gebundener Stickstoff nachlieferbar (B)
Magnesium: 1,5 mg/100 g (A)
Kalzium: 16 mg verfügbar, 11 mg nachlieferbar (C) 
Versuchsparameter
Versuchstyp*Einzelversuch (Praxisforschungsanlage)
AnlagetypParzellenversuch
Prüffaktor/enBodenbearbeitung
FaktorstufenKein Hackgang, 2 cm Hacktiefe, 8 cm Hacktiefe
Anzahl Wiederholungen3
PrüfmerkmaleErtrag Weizen, Stickstoffgehalt Blattmasse, Qualitätsparameter Backweizen, Nmin
Versuchszeitraum04/2023– 09/2023 (Datum letzte Probe)

* Eine Beschreibung verschiedener Versuchstypen und einiger Grundbegriffe der Versuchsanstellung finden Sie hier (pdf-Datei, 0,4 MB).

Versuchsskizze

Legende

BezeichnungVarianteHacktiefe
V0kein Hackgang 
V1Flach hacken (betriebsüblich)2 cm
V2Tief hacken8 cm

In der Kontrollvariante (V0) wurde in den Parzellen V0A und V0C kein Hackgang durchgeführt, in Parzelle V0B wurde am 30.3. ein Hackgang (2 cm tief) durchgeführt.
Die Variante V1 wurde dreimal flach gehackt (2 cm am 30.3., 20.4., 15.5.). Die Variante V2 wurde einmal flach (2 cm am 30.3.) und zweimal tief gehackt (8 cm am 20.4., 15.5.).

5. Der Versuch in Bildern

Am 15.5.2023 wurde der Winzerweizen zum letzten Mal gehackt. Foto: Ole Schweneker

Auf den gehackten Flächen gab es am 14.7.2023 wenig Spätverunkrautung. Foto: Wilfried Stegmann

In der ungehackten Parzelle trat eine starke Windhalm-Verunkrautung auf (14.7.2023). Foto: Wilfried Stegmann

Landwirt Ole Schweneker legte für die Handernte einen Quadratmeter-Rahmen aus (8.8.2023). Foto Wilfried Stegmann

Der abgeerntete Quadratmeterschnitt. Eine Elektroschere erleichtert das Abschneiden der Weizenpflanzen. Foto: Wilfried Stegmann

6. Ergebnisse und Diskussion

6.1 Fragestellung 1 - Wie wirken sich unterschiedliche Hacktiefen auf den Weizen-Ertrag aus?

Auf jeder Parzelle wurden jeweils drei Quadratmeterschnitte geerntet, die anschließend in einer Standdreschmaschine der Hochschule Osnabrück ausgedroschen wurden. Anschließend wurde dort das Gewicht ermittelt (Abbildung 1).

Sowohl im Trockenmasse- als auch im N-Ertrag (Abbildung 2) zeigte sich erwartungsgemäß der Vorteil des Hackens gegenüber der Variante ohne Beikrautkontrolle. Durch das Ausbleiben der Hackgänge und der wesentlich besseren Standortbedingungen in der weiten Reihe hat in der Kontrollvariante das Beikraut eine sehr starke Konkurrenz zum Winterweizen aufbauen können. Die große Varianz in der Kontrollvariante ist durch einen versehentlichen Hackgang durch den Landwirt in Variante V0B am 30. März zu erklären.

Trotz der Verletzung des Ceteris Paribus Prinzipes (Gleichbehandlung der Varianten) wurde die Parzelle V0B in die Auswertung der Kontrollvariante miteinbezogen.    Es zeigte sich, dass auf dieser einmal gehackten Parzelle mit einem Ertrag von durchschnittlich 399,53 g/qm ein Ergebnis erzielt worden ist, das bei 85,5 % des mittleren Ertrages des Verfahrens mit 3 flachen Hackgängen (467,07 g/qm) liegt. Die beiden Parzellen ohne Hackgang hatten dagegen deutlich geringere Erträge: V0A 161,23 g/qm (34,5 %) und V0C 102,17 g/qm (21,9 %).    Dieses Teilergebnis deutet auf einen großen Ertragseinfluss    des ersten Hackganges zu Vegetationsbeginn hin. Es ist somit wichtig, den Zeitpunkt des ersten Hackgangs sorgsam zu wählen.

Die beiden untersuchten Verfahren wiesen im Ertrag nur einen geringen Unterschied auf. Es zeigte sich, entgegen der Erwartung des Betriebsleiters, dass das flache Hacken (2 cm) sogar einen etwas höheren Durchschnittsertrag (467,07 g/qm) zur Folge hatte als das Hacken in 8 cm Tiefe (449,83 g/qm). Den Betriebsleiter bestärkt dieses Ergebnis darin, an seinem bisherigen betriebsüblichen Verfahren festzuhalten.

6.2 Fragestellung 2 - Wie wirken sich unterschiedliche Hacktiefen auf den Stickstoffgehalt in der Blattmasse aus?

Am 23. Mai, eine Woche nach dem letzten Hackgang, wurden auf den Parzellen Pflanzenproben gezogen und auf den N-Gehalt untersucht.   Es konnten keine wesentlichen Unterschiede festgestellt werden (Abbildung 3).

6.3 Fragestellung 3 – Wie wirken sich unterschiedliche Hacktiefen auf die Nmin-Gehalte im Boden aus? 

Beim Anlegen des Versuches war erwartet worden, dass sich bei der N-Mineralisierung im Verlauf der Vegetationsphase klare Unterschiede und Tendenzen zwischen den Varianten zeigen würden. Die Ergebnisse waren allerdings sehr heterogen. Die Messungen wurden nur in einer Tiefe von 0 - 30 cm durchgeführt.

Am 25.4., nach dem ersten Hackgang, lagen die Nmin-Durchschnittswerte relativ eng zusammen, wenngleich schon hier bei der Variante tiefes Hacken eine große Spanne von 18 - 76 kg Nmin/ha auffiel. Die große Spanne bei dieser Variante (13 - 71 kg Nmin/ha) zeigte sich auch nach dem zweiten Hackgang bei der zweiten Nmin-Messung am 15.5..
Hohe Standardabweichungen weisen auf die Heterogenität der Versuchsparzellen hin. Am 22.5.23 waren in der Variante flaches Hacken signifikant höhere Nmin-Werte messbar als in der Kontrollvariante.

Auch im Verlauf der insgesamt 6 Messungen «überraschte» immer wieder eines der Verfahren mit unerwarteten Werten, so dass die Nmin-Messreihen in diesem Versuch keine klaren Ergebnisse liefern (Abbildung 4).

6.4 Fragestellung 4 – Wie wirken sich unterschiedliche Hacktiefen auf die Qualitätsparameter (Rohprotein, Sedimentation, Fallzahl, Feuchtkleber, Wassergehalt) im Backweizen aus?

Die Weizenproben aus den jeweiligen Quadratmeterschnitten wurden vom Agrolab Agrarzentrum in Leinefelde untersucht. Leider reichte die Druschmenge bei der Kontrollvariante nicht aus, um Sedimentation und Feuchtkleber zu messen. Weder im Wassergehalt noch beim Rohprotein unterschieden sich die verschiedenen Varianten signifikant. Bei der Betrachtung der Fallzahl fällt auf, dass die Körner der ungehackten Varianten signifikant höhere Werte aufweisen, als die der gehackten Varianten (Abbildung 5).

Der Winterweizen scheint in der Kontrollparzelle aufgrund des hohen Unkrautdruckes schneller abgereift zu sein als in den gehackten Vergleichsparzellen. Dies kann sich unter anderem in einer leicht höheren Fallzahl ausdrücken.

7. Fazit und Ausblick

In diesem Versuch konnten weder ein Mehrertrag noch eine Qualitätssteigerung durch eine größere Hacktiefe erzielt werden. Das Ergebnis rechtfertigt kein Tieferstellen der Hackschare beim Getreidehacken, zumal durch diese Maßnahme der Kraft- und damit auch der Energieaufwand ansteigen und somit höhere Kosten entstehen.

Es handelt sich um ein Ergebnis aus einem einjährigen Versuch, das möglicherweise durch relativ kühle Temperaturen im Frühjahr beeinflusst worden ist.
Um das Ergebnis abzusichern, sollte der Versuch noch mindestens zweimal wiederholt werden.

Bei weiteren Versuchen sollte auf eine Nullvariante (ohne Hacken) verzichtet werden, weil die daraus resultierende unnötige Verunkrautung den Boden in den entsprechenden Parzellen durch verstärkte Aussamungen und Entwicklung von Wurzelunkräutern über mehrere Jahre beeinträchtigen kann.

Kontakt Regioberater

Wilfried Stegmann
Tel.+49 4262 9593-78
w.stegmann(at)oeko-komp.de

Letztes Update dieser Seite: 20.09.2024