
Weißkleebeisaat in Winterroggen
1. Versuchsdurchführung
Regionetzwerk Brandenburg, 9 Betriebe
Netzwerkversuch
Im Netzwerkversuch legen mehrere Betriebe eine Demoanlage (einfache Wiederholung) mit exakt gleichem Aufbau an. Der einzelne Betrieb stellt dann jeweils eine räumliche Wiederholung dar. Auf mindestens einem Betrieb, dem «Satellitenbetrieb», wird der Versuch zudem als Praxisforschungsanalage (Varianten dreifach wiederholt und randomisiert) durchgeführt.
2. Hintergrund
Die Stickstoffversorgung von Ackerfrüchten ist auf viehschwachen Biobetrieben in Brandenburg eine besondere Herausforderung. Mit Luzernekleegras wird zu Beginn der Fruchtfolge viel Stickstoff aus der Luft gebunden, der nach Umbruch den folgenden Kulturen zur Verfügung steht. Diese Stickstoffquelle wirkt schlagbezogen und kann auf viehlosen Betrieben nur durch Abfuhr in Futter-Mist-Kooperationen, Cut & Carry oder Kompostierung auch anderen Schlägen zugutekommen. Im weiteren Verlauf der Fruchtfolge kommen organische Dünger vom eigenen Betrieb, aus Futter-Mist-Kooperationen und aus Zukauf zum Einsatz. Diese Düngemittel sind jedoch durch Verfügbarkeit und Kosten begrenzt.
In den weiten Fruchtfolgen im ökologischen Landbau besteht die Möglichkeit, durch Untersaaten von Feinleguminosen oder Zwischenfruchtanbau mit Leguminosenanteil weiteren Stickstoff aus der Luft zu fixieren. Feinleguminosen haben jedoch eine langsame Jugendentwicklung und brauchen daher lange Standzeiten auf dem Acker, um eine gute Fixierleistung zu erzielen. Aufgrund der häufigen Frühsommertrockenheit in Brandenburg ist die Etablierung von Feinleguminosen als Untersaat im Frühjahr riskant.
Im Netzwerkversuch auf 9 Betrieben in Brandenburg wird der Nutzen einer Weißkleebeisaat in Winterroggen geprüft . Der Weißklee (Sorte Merwi, flachwüchsig) wird gleichzeitig mit dem Winterroggen im Herbst als Beisaat gesät.
In der Literatur gibt es unterschiedliche Angaben, ob der Ertrag des Winterroggens dadurch negativ beeinflusst wird, in der Nachfrucht werden jedoch Mehrerträge von 30 – 40 % sowie Qualitätsverbesserungen berichtet (Brust et al. 2011, Fuchs et al. 2009, Kolbe et al. 2004, Urbatzka et al. 2011, Urbatzka et al. 2011a). Weißklee hat durch seine Feinwurzeln mit geringem C/N Verhältnis und Ligningehalt das Potential, N schneller freizusetzen als andere Feinleguminosen (Rasmussen et al. 2012, Louran et al. 2015). Dadurch kann Weißklee auch bei geringeren Frischmasseerträgen einen ähnlichen Nachfruchteffekt auf Ackerkulturen haben wie ein Luzernegras (Rasmussen et al. 2012). Winterroggen wurde als Deckfrucht gewählt, da dieser unter den Getreiden den geringsten Wasserbedarf hat und früh lichtdurchlässig wird. Beides ist günstig, um die Konkurrenz zwischen den Kulturen gering zu halten (Kolbe et al. 2004).
Die N-Fixierleistung von Weißklee kann als Untersaat in Getreide bei einem Ertrag von 5 – 20 dt TM/ha 20 – 70 kg N/ha betragen (Kolbe et al. 2004). In Untersuchungen von Weißklee mit Deutschen Weidelgras werden Mengen an fixiertem Stickstoff von 70 – 90 kg N/ha und Jahr (Louran et al. 2015, Nannen 2007) über 52 – 291 kg N/ha und Jahr (Enriquez-Hidalgo et al. 2016) und bis zu 269 kg N/ha und Jahr (Ledgard 1991) angegeben. Jörgensen et al. (1999) unterscheiden nach Standzeit mit 23, 187 und 177 kg N/ha im Aussaatjahr sowie erstem und zweitem Produktionsjahr.
Über den N-Transfer von Weißklee zu Getreidedeckfrüchten wurde bisher wenig geforscht. In Versuchen mit Sommergerste wurde lediglich 1 % des von Weißklee fixierten Stickstoff an die Getreidedeckfrucht weitergegeben (Baddeley et al. 2006, Rees et al. 2006). Als Grund wurde die geringe Standzeit des im Frühjahr gedrillten Weißklees angebracht (ebd.). Auch in Gewächshausversuchen mit Winterweizen war der N-Transfer vom Weißklee in den ersten 2-3 Monaten mit 2,5 % (Pappa et al. 2006) bis zu 7 % (Murray & Clements 1998) gering. Der N-Transfer von Weißklee während der Standzeit wurde in der Literatur vor allem mit deutschem Weidelgras untersucht. Der N-Transfer entsteht vorrangig durch Mineralisation abgestorbener Blatt-, Wurzel- und Sprossteile, weshalb die Raten über die Standzeit des Weißklees zunehmen (Mallarino et al. 1990, McNeill et al. 1990, Hatch & Murray 1996). Die Langlebigkeit beträgt im Mittel 2 Monate bei Blättern, 1 Jahr und 2 Monate bei Stängeln und 10 Monate bei Wurzeln (Sturite et al. 2007). Innerhalb der ersten 4 Monate entsteht daher kein nennenswerter N-Transfer (McNeill et al. 1990). Während in Beständen mit Luzerne im Etablierungsjahr noch kein N-Transfer zu erwarten ist, kann dieser in Beständen mit Weißklee nach dem ersten Schnitt auftreten (Louran et al. 2015). Die transferierten Mengen von Weißklee zu Gräsern in den Mischungen variieren in der Literatur von Null (z.B. Boller & Nosberger (1987)) bis zu 75 – 110 kg N/ha (z.B. Eggersmann and Hassink 1997; Høgh-Jensen and Schjoerring 2000) (in Louran et al. 2015). Unterschiede im Standort, der Arten, dem Alter der Bestände und der Variabilität der atmosphärischen N-Einträge bedingen diese Spannweiten der Werte (Louran et al. 2015). Jørgensen et al. (1999) geben daher N-Transferraten nach Jahren (19 kg N/ha im ersten Produktionsjahr und 28 kg N/ha im zweiten) und N-Fixierungsraten nach Jahreszeiten (0,5 kg N/ha und Tag im Herbst und 2,6 kg N/ha und Tag im Juni) an.
3. Versuchsfrage(n)
- Steigert die Weißkleeetablierung in Winterroggen den Ertrag des Winterroggens und der Folgekultur Sommerhafer?
- Wie viel kg N wird durch Weißklee symbiotisch fixiert? Nimmt der Winterroggen symbiotisch fixierten Stickstoff auf?
- Wie schnell wird der Stickstoff nach dem Weißkleeumbruch umgesetzt?
4. Versuchsaufbau
Standortbeschreibung | |
---|---|
Boden-Klima-Raum | trocken-warme diluviale Böden ostdeutsches Tieflandes (8 Betriebe) mittlere diluviale Böden MV und Uckermark (1 Betrieb) |
Höhenlage (m ü NN) | Mittlere Höhenlage 67 (min. 36 max. 137) |
Bodenart | Sandiger Sand (4 Betriebe) bis lehmiger Sand (5 Betriebe) |
Ausgangslage auf der Versuchsfläche vor Versuchsanstellung | |
---|---|
Fruchtfolge | unterschiedlich - Winterroggen - Sommerhafer |
Düngung | keine |
Pflegemaßnahmen | keine |
Versuchsparameter | |
---|---|
Versuchstyp* | Netzwerkversuch |
Anlagetyp | Streifenversuch |
Prüffaktor/en | Weißkleebeisaat in Winterroggen |
Faktorstufen | Winterroggen (Kontrolle) Winterroggen mit Weißkleebeisaat |
Anzahl Wiederholungen | Satellitenversuch: 4, andere 8 Betriebe: 1 |
Prüfmerkmale |
|
Versuchszeitraum | 09/2024 bis 08/2026 |
* Eine Beschreibung verschiedener Versuchstypen und einiger Grundbegriffe der Versuchsanstellung finden Sie hier (pdf-Datei, 0,4 MB).
Versuchsbeschreibung
Ein zeitlicher Ablauf der durchgeführten Beprobungen und der verschiedenen Arbeitsschritte beider Versuchsvarianten ist in Abbildung 4 dargestellt. Um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden im Voraus Zeitfenster festgelegt, innerhalb derer die verschiedenen Schritte erfolgen sollen. Das gibt den Betrieben die Möglichkeit, auf unterschiedliche Witterungsverhältnisse oder betriebliche Arbeitsabläufe zu reagieren.
Die Aussaat von Winterroggen und Weißklee (nur in der Variante mit Weißklee) erfolgte auf allen Betrieben Anfang Oktober, innerhalb von zwei Wochen. In der Variante ohne Weißklee haben die Landwirt*innen drei Wochen nach der Ernte des Winterroggens Zeit, den Stoppelsturz durchzuführen und eine nicht-legume Zwischenfrucht (Grünroggen) zu säen. In der Variante mit Weißklee wird der Bestand nach der Ernte des Winterrogens gemulcht.
Im Februar/März wird in beiden Varianten umgebrochen und nach der Saatbettbereitung Sommerhafer gesät.
Alle Beprobungen finden innerhalb feststehender Probenahmeparzellen statt (vgl. Versuchsskizze). Der Ertrag wird mittels Kerndrusch erhoben.
Legende
Bezeichnung | Variante | Saatstärke |
---|---|---|
V0 | Winterroggen | 200 keimf. Körner/m² Hybridroggen bzw. 250 keimf. Körner/m² Populationsroggen |
V1 | Winterroggen mit Weißklee | Zusätzlich 4 kg/ha Weißklee |
Literatur
- Baddeley, J., Rees, B., Bingham, I., & Watson, C. (2006) Nitrogen transfer from red and white clover to spring barley. In workshop on Cereal crop diversity: Implications for production and products (p. 127).
- Bergkvist, G. (2003) Influence of White Clover Traits on Biomass and Yield in Winter Wheat- or Winter Oilseed Rape-Clover Intercrops. Biological Agriculture and Horticulture 21, 151-164.
- Böhm, H. (2007) Raps mitWeißklee-Untersaat. bioland (03/2007), S. 8-9.
- Boller, B.C. & Nosberger J. (1987) Symbiotically fixed nitrogen from field-grown white and red clover mixed with ryegrasses at low levels of 15N-fertilization. Plant and Soil, 104, 219–226.
- Brust, J., Gerhards, R., Karanisa, T., Ruff, L., Kipp, A. (2011) Warum Untersaaten und Zwischenfrüchte wieder Bedeutung zur Unkrautregulierung in Europäischen Ackerbausystemen bekommen. Gesunde Pflanzen 63: 191-198.
- Enriquez‐Hidalgo, D., Gilliland, T. J., & Hennessy, D. (2016). Herbage and nitrogen yields, fixation and transfer by white clover to companion grasses in grazed swards under different rates of nitrogen fertilization. Grass and Forage Science, 71(4), 559-574
- Fuchs, R., Cais, K., Rehm, A., Salzeder, Georg und Wiesinger, K. (2009) Wirkung von Zwischenfrüchten auf die Folgefrucht Hafer – angelegt als Untersaaten in Winterroggen und als Stoppelsaat. In: Wiesinger, Klaus und Cais, Kathrin (Hrsg.) Angewandte Forschung und Beratung für den ökologischen Landbau in Bayern, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising-Weihenstephan, Schriftenreihe der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Nr. 7/2009, S. 85-97.
- Hatch, D.J. & Murray, P. J. (1994) Transfer of nitrogen from damaged roots of white clover (Trifolium repens L.) to closely associated roots of intact perennial ryegrass (Loliumperenne L.), Plant Soil 166 (1994) 181-185.
- Jones, L. & Clements, R. O. (1993) Development of a low input system for growing wheat (Triticum vulgare) in a permanent understorey of white clover (Trifolium repens). Annals of Applied Biology 123, 109-119.
- Jørgensen, F. V.; Jensen, E. S. & Schjoerring, J. K. (1999) Dinitrogen fixation in white clover grown in pure stand and mixture with ryegrass estimated by the immobilized 15N isotope dilution method. Plant and Soil 208: 293–305.Kolbe, H. et al. (2004) Zwischenfrüchte im Ökologischen Landbau. Fachmaterial Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft. Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (Hrsg.)
- Ledgard, S. F. (1991) Transfer of fixed nitrogen from white clover to associated grasses in swards grazed by dairy cows, estimated using 15 N methods. Plant and soil, 131, 215-223.
- Louarn, G., Pereira-Lopès, E., Fustec, J., Mary, B., Voisin, A. S., de Faccio Carvalho, P. C., & Gastal, F. (2015) The amounts and dynamics of nitrogen transfer to grasses differ in alfalfa and white clover-based grass-legume mixtures as a result of rooting strategies and rhizodeposit quality. Plant and Soil, 389, 289-305.
- Mallarino, A. P., Wedin, W. F., Perdomo, C. H., Goyenola, R. S., & West, C. P. (1990). Nitrogen transfer from white clover, red clover, and birdsfoot trefoil to associated grass. Agronomy Journal, 82(4), 790-795.
- McNeill, A. M., & Wood, M. (1990) Fixation and transfer of nitrogen by white clover to ryegrass. Soil Use and Management, 6(2), 84-86.
- Murray, P. J., & Clements, R. O. (1998) Transfer of nitrogen between clover and wheat: effect of root herbivory. European Journal of Soil Biology, 34(1), 25-30.
- Nannen, D.U., Dittert, K., Loges, R., Taube, F. (2007) Abschätzung der N-Fixierleistung von Weißklee auf überjährigem Weißklee-Gras und Dauergrünland mittels 15N-Verdünnungsmethode und nicht-isotopischer Methoden. Neue Funktionen des Grünlands: Ökosystem, Energie, Erholung: 155.
- Neumann, H. (2005) Strategien für die Getreideproduktion im ökologischen Landbau: „Weite Reihe"-Anbau und gemeinsamer Anbau mit Weißklee („Bicropping"). Schriftenreihe des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel; Heft 43, 2005
- Pappa, V. A., Rees, R .M. & Watson, C. A. (2006) Nitrogen transfer between clover and wheat in an intercropping experiment. In: Atkinson, C., Ball, B., Davies, D. H. K.,
- Rees, R., Russell, G., Stockdale, E. A., Watson, C. A., Walker, R. & Younie, D. (Hrsg.) Aspects of Applied Biology 79, What will organic farming deliver? COR 2006, Association of Applied Biologists, S. 291-295.
- Sturite, I., Henriksen, T.M., Breland, T.A. (2007) Longevity of white clover (Trifolium repens) leaves, stolons and roots, and consequences for nitrogen dynamics under northern temperate climatic conditions. Annals of Botany 100, 33-40.
- Thorsted M D, Olesen J E, Weiner J. 2006. Width of clover strips and wheat rows infl uence grain yields in winter wheat/ white clover intercropping. Field Crops Research 95:280–290.
- Rasmussen, J., Søegaard, K., Pirhofer-Walzl, K., Eriksen, J. (2012) N2-fixation and residual N effect of four legume species and four companion grass species. European Journal of Agronomy 36, 66-74.
- Rees, R., Baddeley, J., Bingham, I. & Watson, C. (2006) Nitrogen uptake by spring barley grown with red and white clover. Poster at: Joint Organic Congress, Odense, Denmark, May 30-31, 2006
- Urbatzka, P., Cais, K., Salzeder, G., Wiesinger, K. (2011) Wirkung verschiedener Leguminosen als Untersaat im Vergleich zur Stoppelsaat auf Ertrag und Qualität der Deckfrucht Winterroggen und der Folgefrucht Hafer. Vortrag: 11. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau, Gießen, 16.-18. März 2011.
- Urbatzka, P., Cais, K., Salzeder, G., Wiesinger, K. (2011a) Einfluss des Saatzeitpunktes legumer Zwischenfrüchte auf Ertrag der Deck- und Folgefrucht. Poster: 11. Wissenschaftstagung Ökologischer Landbau, Gießen, 16.-18. März 2011