Potenziale von Biostimulanzien

Biostimulanzien sind natürliche Stoffe oder lebende Mikroorganismen, die Pflanzen widerstandsfähiger gegen Stress machen sollen. Ziel ist es, Ertrag und Qualität der Pflanzen langfristig zu stabilisieren.

Im Rahmen eines NutriNet-Online-Seminars berichteten Prof. Dr. Christel Baum, Universität Rostock, und Hans Schiefereder, Bioland, über aktuelle Forschungsergebnisse und Erfahrungen mit Biostimulanzien – mit besonderem Fokus auf Mikroorganismen.

Forschung und Wirkungsweise

Seit über 60 Jahren wird international zu Mikroorganismenpräparaten geforscht – sowohl zu Organismen, die im Wurzelraum leben, als auch zu sogenannten endophytischen Organismen, die innerhalb der Pflanze wachsen, etwa Mykorrhizapilze.

Das Interesse an diesen Präparaten nimmt in Deutschland zu – besonders aufgrund zunehmender Witterungsextreme und der Einschränkungen beim Düngemitteleinsatz. Biostimulanzien können die Nährstoffaufnahme der Pflanzen verbessern und das Wurzelwachstum fördern. Dadurch können Pflanzen Trockenstress und andere Belastungen bester tolerieren.

Am wirkungsvollsten für die Ertragsbildung sind Biostimulanzien daher unter Stressbedingungen. Unter günstigen Wachstumsbedingungen kann ihre Ertragswirksamkeit ausbleiben.

Potenzieller Nutzen mikrobieller Präparate

Mikroorganismen können sich positiv auf die Pflanzenernährung, den Pflanzenschutz und die Bodenfruchtbarkeit auswirken.

Mögliche Effekte sind:

  • Mobilisierung von Nährstoffen
  • verbesserte Aufnahme von Phosphor, Stickstoff, Zink, Eisen und Wasser
  • höhere Toleranz gegenüber Trockenheit und Schadstoffen (wie z.B. Herbizidrückständen)
  • induzierte Resistenz gegen bodenbürtigen Schaderreger
  • bessere Bodenstruktur durch höhere Aggregatstabilität, geringere Erosion und Nährstoffverluste

Wirksamkeit

  • In sandigen Böden zeigen Biostimulanzien meist eine bessere Wirkung als in tonigen, da die Textur des Bodens die Sauerstoff- und Wasserverfügbarkeit wesentlich beeinflusst.
  • Unter kontrollierten Umweltbedingungen (z. B. im Gewächshaus) wirken sie oft besser als im Feld.
  • Regionale Langzeitversuche sind wichtig, um zuverlässige standortspezifische Empfehlungen geben zu können. Sie fehlen für viele Präparate.

„Ja, es gibt Potenzial – aber unter Freilandbedigungen kann man keine sichere Wirkungsprognose geben. Dies liegt an der starken Abhängigkeit besonders von Bodentemperatur- und Bodenfeuchte zum Zeitpunkt der Ausbringung und der Etablierung im Boden“, betonte Christel Baum.

„Die wichtigste Maßnahme bleibt es, die Lebensbedingungen der Bodenorganismen generell zu verbessern – etwa durch die Biomasseeinbringung durch Zwischenfrüchte, angepasste Bodenbearbeitung und vielfältige Fruchtfolgen. Dies fördert Ertragsstabilität und -qualität, auch ohne den Einsatz von Biostimulanzien.“

Beispiele: Wirksame Mikroorganismen im Boden und in Biostimulanzien

  • Trichoderma: Eine weltweit stark genutzte Pilzgattung mit Stämmen mit hoher Rhizosphärenkompetenz, also der Fähigkeit, den Wurzelraum zu nutzen und die Wurzeln im Wachstum zu begleiten. Hierdurch verdrängen diese Stämme parasitäre Pilze und fördern zugleich die Stresstoleranz.
  • Bacillus: Eine durch Sporenbildung langfristig vital einsetzbare Bakteriengattung mit leistungsstarken Stämmen mit hoher Rhizosphärenkompetenz zur Mobilisierung von Phosphor und Kalium im Boden.

„Im Ackerbau empfehle ich keine zusätzliche Mykorrhizapilz-Ausbringung, da die Böden von standorteigenen Mykorrhizapilzen besiedelt sind. Im Gartenbau oder bei Substratkulturen, die kein eigenes Inokulum besitzen, kann der Einsatz jedoch sehr sinnvoll sein und die Qualität und auch den Ertrag der Pflanzen stark verbessern“, so Baum.

 ArtenPotenzieller Nutzen
BakterienBacillus mucilaginosusP- und K-Mobilisierung
 Rhodopseudomonas palustrusN-Fixierung, Lignuinabbau
 Streptomyces griseusProduktion von Antibiotika, hohe enzymatische Aktivität
PilzeAspergillus otyzaeP-Mobilisierung
 Trichoderma harzianumMykoparasitismus, hohe Rhizosphärenkompetenz
 Saccharomyces cerevisiaeP- und S-Mobilisierung
 Rhizophagus irregularis (vormals Glomus intraradices)P-Mobilisierung, Aggregatstabilisierung

Mikroorganismen in Präparaten und ihr potenzieller Nutzen. Quelle: Prof. Dr. Christel Baum, Universität Rostock

Risiken

Das ökotoxikologische Risiko ist gering, das ökonomische Risiko (z. B. durch ausbleibende oder verzögerte Wirkung) dagegen höher. Die Wirksamkeit hängt stark von Standort, Boden, Klima und Witterung ab.

Praktische Empfehlungen für Landwirt*innen – Wie beginnen?

  • Zuerst ist zu klären: Warum will ich Biostimulanzien einsetzen?
  • Ist beispielsweise Trockenstress ein Problem, so sollten Präparate gewählt werden, welche das Wurzelwachstum fördern.
  • Wichtig: Auf kleinen Flächen testen, bevor man großflächig arbeitet.
  • Ergebnisse mindestens zwei Jahre beobachten, besser länger.
  • Bei guten Standorten und typischerweise eher stabilen Erträgen ist der Nutzen meist geringer, bei leichten, sandigen Böden dagegen höher.

Einblick in Praxisbeispiele

Hans Schiefereder gab einen Einblick in Beispiele aus der Praxis. Als Berater betreut er bereits langjährig landwirtschaftliche Betriebe, die Milchsäurebakterien (Effektive Mikroorganismen) oder Komposttee einsetzen. Hier zeigte sich insbesondere, dass viele Betriebsleiter*innen mit Überzeugung Mikroorganismenpräparate einsetzen und auch selbst innovativ werden. So entwickelte ein Betriebsleiter beispielsweise einen Komposttee-Extrakt, welcher deutlich länger haltbar ist, als ein herkömmlicher Komposttee (bis zu acht Tage). So kann er flexibler eingesetzt werden – gerade auch bei einem Wetterumschwung.

Ausblick

Christel Baum betonte, dass in der Forschung weiterhin großes Potenzial besteht, neue nützliche Mikroorganismen zu entdecken. Durch bessere Produktqualität, bessere Formulierungen und künftig optimierte Anwendungsempfehlungen kann die Wirkungssicherheit voraussichtlich noch verbessert werden.

Text: Elisa Mutz

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Letztes Update dieser Seite: 18.11.2025