Einsatz von Mikronährstoffdüngern als Blattdünger im Möhrenanbau

1. Versuchsdurchführung

Der Versuch wurde auf drei Betrieben des Regionetzwerks Nordrhein-Westfalen durchgeführt.

2. Hintergrund

Neben den Makronährstoffen kann auch die Versorgung mit Mikronährstoffen einen Einfluss auf Ertrag und Qualität von Möhren haben (vgl. Buck, 2022). Bei der Grundbodenuntersuchung wird die Bodenversorgung mit Mikronährstoffen jedoch normalerweise nicht mit untersucht, sodass der Versorgungsstatus über den Boden nicht bekannt ist. Die Mikronährstoffdüngung wird in der Regel an dem Nährstoffentzug der Möhren ausgerichtet. Wird bei der Bilanzierung mit Standardwerten gearbeitet, oder bleiben Mikronährstoffe bei der Bilanzierung außen vor, kann eine Unterversorgung mit Mikronährstoffen entstehen.

Bei diesem Versuch nutzten die beteiligten Betriebe Blattdünger, um die Versorgung der Möhren mit Mikronährstoffen sicherzustellen. Insgesamt wurde auf drei Betrieben geprüft, welchen Einfluss die zusätzliche Mikronährstoffdüngung über Blattdünger auf den Ertrag und die Nährstoffzusammensetzung des Möhrenkrautes hat.

3. Versuchsfrage

Wie wirkt sich der Einsatz von Mikronährstoffen als Blattdünger auf die Mikronährstoffversorgung im Möhrenkraut und auf den Möhrenertrag aus?

4. Versuchsaufbau

Standortbeschreibung
Boden-Klima-RaumAlle Betriebe: 142 – Lehmböden/ oberer Mittelrhein, Niederrhein, südliches Münsterland/ Niederungslagen
Höhenlage (m ü NN)Betrieb 1: 83 m ü NN
Betrieb 2: 21 m ü NN
Betrieb 3: 21 m ü NN
BodenartBetrieb 1: sandiger Schluff
Betrieb 2: Sand
Betrieb 3: lehmiger Sand
Jahresniederschlag in mm (1980 - 2010)Betrieb 1: 829 mm
Betrieb 2: 808 mm
Betrieb 3: 808 mm
Durchschnittstemperatur in °C (1980 – 2010)Betrieb 1: 10,0 °C
Betrieb 2: 10,3 °C
Betrieb 3: 10,3 °C
Ausgangslage auf der Versuchsfläche vor Versuchsanstellung
FruchtfolgeBetrieb 1: Grünspeiseerbse – Körnermais – Möhre
Betrieb 2: Luzernegras – Brokkoli – Möhre
Betrieb 3: Mais (Gründüngung) – Erbse/Bohne – Möhre
DüngungBetrieb 1: PPL (4 t/ha)
Betrieb 2: Gärsubstrat (20 m³/ha)
Betrieb 3: Rindergülle (28 m³/ha), Haarmehlpellets (40 kg N/ha)
PflegemaßnahmenBetrieb 1: 2x Abflammen, 2x Maschinenhacke, 2x Handjäte, 1x Reihenfräse
Betrieb 2: 2x Abflammen, 1x Maschinenhacke, 2x Handjäte, 4x Häufler
Betrieb 3: 1x Abflammen, 2x Maschinenhacke, 2x Handjäte, 1x Reihenfräse
BodenuntersuchungenMakronährstoffeBetrieb 1Betrieb 2Betrieb 3
P2O5
K2O
MgO
7,1 / B
17 / C
10,3 / C
31,4 / D
11,1 / C
12,1 / C
18,1 / C
10,1 / C
15,8 / D
MikronährstoffeBetrieb 1Betrieb 2Betrieb 3
Versorgungsstufe:
1 = sehr niedrig
2 = niedrig
3 = gut
4 = hoch
5 = sehr hoch
Fe: 1
Zn: 5
Mn:1
Cu: 2
B: 1
Mo: 1
S: 4
Fe: 1
Zn: 5
Mn:1
Cu: 1
B: 3
Mo: 1
S: 1
Fe: 1
Zn: 5
Mn:2
Cu: 1
B: 3
Mo: 1
S: 1
Versuchsparameter
Versuchstyp*Praxisforschungsanlage (Regioversuch; auf mehreren Betrieben in einem Netzwerk)
AnlagetypParzellenversuch
Prüffaktor/enMikronährstoffdüngung
FaktorstufenBetrieb 1:
3x (15.07.2021, 25.07.2021, 10.08.2021)
EPSO Microtop 100kg/ha; Cuprozin Progress 1 l/ha; Siproplant 0,5 l/ha; Elementarschwefel 2 l/ha; Kräuterextrakt KE (Witteler GmbH & Co KG) 2 l/ha
Betrieb 2:
2 x (10.06.2021, 30.06.2021)
VitaloSol Gold 2 x 3 l/ha
Betrieb 3:
19.06.2021: VitaloSol Gold 1 x 3 l/ha
23.07.2021: Lebosol Schwefel 800 SC 4 l/ha, Lebosol Magnesium 400 SC 3,5 l/ha, Lebosol Bor 1,5 l/ha
20.08.2021: Cuprozin Progress 1,5 l/ha

Berechnete applizierte Nährstoffmengen gesamt (ohne Wirtschaftsdünger), in kg/ha:
BetriebMgSBMnCu
127,042,02,73,00,8
20,03,40,00,90,2
31,44,90,20,50,5
Anzahl WiederholungenBetrieb 1: 1
Betrieb 2: 3
Betrieb 3: 3
PrüfmerkmaleMikronährstoffversorgung des Möhrenkrauts, Möhrenertrag
Versuchszeitraum05/2021 bis 11/2021

* Eine Beschreibung verschiedener Versuchstypen und einiger Grundbegriffe der Versuchsanstellung finden Sie hier (pdf-Datei, 0,4 MB).

5. Der Versuch in Bildern

Betrieb 1, Reihenansicht Kontrolle. Foto: David Büchler

Betrieb 1, Reihenansicht Behandlung. Foto: David Büchler

Betrieb 1, Blattansicht Kontrolle. Foto: David Büchler

Betrieb 1, Blattansicht Behandlung. Foto: David Büchler

Parzellenernte im August 2021. Foto: David Büchler

6. Ergebnisse

Versorgung der Flächen mit Mikronährstoffen

Die Untersuchung des Bodens der Versuchsflächen mit dem «Düngekompass» der Firma Eurofins ergab auf allen drei Betrieben eine Unterversorgung mit mehreren Mikronährstoffen. Die Versorgung mit Eisen (Fe), Mangan (Mn), Molybdän (Mo) und Kupfer (Cu) wurde bei allen drei Betrieben als niedrig oder sehr niedrig eingestuft. Zudem wurde bei Betrieb 1 die Versorgung mit Bor (B) und bei den Betrieben 2 und 3 die Versorgung mit verfügbarem Schwefel (S) als sehr niedrig eingestuft. (vgl. Abbildung 1)

Mikronährstoffgehalte des Möhrengrüns

Bei Betrieb 1 deuten die Ergebnisse der Pflanzenuntersuchungen sowohl in der Kontrolle als auch in der Behandlung auf einen gut bis sehr gut versorgten Bestand hin; lediglich bei Magnesium war eine konstante Unterversorgung des Möhrengrüns festzustellen (Tabelle 1). Kupfer wurde trotz der laut Grundbodenuntersuchung hohen Versorgungsstufe weiter angereichert, während die Mangan- und Schwefelgehalte durch die Blattdüngung nicht gesteigert wurden (Tabelle 2).

Auf Betrieb 2 erfolgte die Untersuchung des Möhrenkrautes nach der ersten Gabe von VitaloSol Gold. Auf Basis der Zusammensetzung von VitaloSol (Cu 40 g/l, Mn 150 g/l, S 570 g/l), wurden nach der Anwendung als Blattdünger für die Nährstoffe Kupfer, Mangan und Schwefel erhöhte Konzentrationen im Kraut erwartet. Diese Erwartungen wurden nur teilweise erfüllt (vgl. Tabelle 2). Die mangelhafte Kupferversorgung konnte durch die Mikronährstoffapplikation nur minimal gesteigert werden. Eine Verbesserung der Ernährungssituation (Veränderung der Versorgungsstufe) im Vergleich zur Kontrolle war nur bei Mangan feststellbar (Tabelle 1). Die in Tabelle 1 sichtbare Verbesserung der Calciumversorgung ist ein Artefakt (Schwankungen in den Einzelproben, nicht signifikant) und kann durch die gedüngten Einzelnährstoffe nicht erklärt werden.

Von Betrieb 3 konnte keine Pflanzenanalyse in der behandelten Variante gezogen werden, daher sind keine Aussagen zur Veränderung des Möhrenkrauts durch Mikronährstoffdüngung möglich.

Tabelle 1: Mittlere Versorgungsstufen von Kontrolle und Behandlung im Möhrengrün. Veränderungen in den Versorgungsstufen sind rot umrandet.
Tabelle 2: Versorgungsstufe der Kontrolle und Veränderung des Nährstoffgehaltes der Behandlungsvariante (in %) vom Möhrengrün (Betriebe 1 & 2).
 Versorgungsstufe KontrolleVeränderung durch Düngung (%)
 CuMnSCuMnS
Betrieb 1EDE+ 236- 25- 20
Betrieb 2A - BCC+ 7+ 36- 4

 

Gesamtertrag und Marktwareanteil

Die Düngemaßnahmen führten nur bei Betrieb 1 zu einem deutlichen Ertragszuwachs. In der Kontrollvariante lag der Ertrag der Rohware bei 986 Dezitonnen pro Hektar, der Ertrag der Marktware bei 756 Dezitonnen pro Hektar. Bei der mit Mikronährstoffen gedüngten Parzelle war der Ertrag der Rohware um 220 Dezitonnen pro Hektar höher als bei der Kontrolle, bei der Marktware betrug die Zunahme 150 Dezitonnen pro Hektar. Leider konnten die Ergebnisse aufgrund fehlender Wiederholungen nicht statistisch abgesichert werden.

Bei den Betrieben 2 und 3 hatte die Düngung nur geringe Auswirkungen auf den Ertrag. Bei Betrieb 2 lag der Zuwachs bei Roh- und Marktware bei ca. 30 Dezitonnen pro Hektar, bei Betrieb 3 waren die Ertragsergebnisse bei Kontrolle und gedüngter Variante nahezu identisch (plus 6 Dezitonnen pro Hektar Rohware; kein Zuwachs bei der Marktware). Bei beiden Betrieben ließen sich die Ertragsunterschiede nicht mittels Varianzanalyse absichern.

7. Fazit und Ausblick

Auf den Betrieben wurden, den betrieblichen Einschätzungen folgend, unterschiedliche Mengen der jeweiligen Mikronährstoffe appliziert. Die Mikronährstoffdüngung hatte lediglich auf Betrieb 1, welcher die höchsten Mengen der jeweiligen Mikronährstoffe applizierte, eine (nicht statistisch abgesicherte) Ertragswirkung. Um solide Aussagen über Ertragseffekte und empfohlene Applikationsmengen treffen zu können, sind weitere Versuche notwendig.

Der Betrieb mit sichtbaren Ertragseffekten produzierte Lagermöhren, während auf den anderen Betrieben Waschmöhren angebaut wurden. Gerade bei Lagermöhren hat eine lange Blattgesundheit im Herbst eine hohe Ertragsrelevanz. Hier könnte der Pflanzenschutzaspekt durch Blattapplikationen (Schwefel, Kupfer) bedeutender gewesen sein als die eigentliche Düngewirkung. Um diese Effekte zu trennen, bräuchte es ein aufwändigeres Versuchsdesign, bei dem Schwefel und Kupfer in weniger fungiziden Formulierungen oder geringeren Mengen appliziert würden.

Die betriebsspezifische Zusammenstellung der verschiedenen Mikronährstoffe richtete sich nur eingeschränkt nach den Bodenanalysen; auch deswegen schien eine Düngung nicht immer zu einer Veränderung des Versorgungsstatus im Blatt zu führen. Die Pflanzenanalyse ist eine gute ergänzende Methode, um den Versorgungsstand der Pflanze zu bestimmen. Hierbei sollte jedoch auf jeden Fall vermieden werden, dass außen anhaftende Stoffe die Analyse beeinflussen: Das Möhrenkraut sollte z.B. vor der Analyse gewaschen werden. Bei künftigen Versuchen sollten bei der Düngeplanung nicht nur die Ergebnisse von Grundbodenuntersuchungen, sondern auch von frühen Blattuntersuchungen berücksichtigt werden. Nur so lassen sich Abweichungen zwischen der Nährstoffverfügbarkeit des Bodens und der tatsächlichen Nährstoffaufnahme durch die Pflanze berücksichtigen. Es bleibt allerdings das Dilemma bestehen, dass zu dem Zeitpunkt, ab dem die Blattnährstoffanalysen belastbare Aussagen zur Mikronährstoffversorgung geben, der Zeitpunkt der optimalen Aufnahmefähigkeit häufig schon überschritten ist.

Die betriebsspezifischen Ergebnisse zeigen, dass Verfahrensänderungen in Bezug auf die Mikronährstoffversorgung von jedem Betrieb geprüft werden sollten. Dazu eignen sich einfache, praxisnahe Formate wie Düngefenster, Streifenanlagen oder Schlagteilungen, die oftmals schon ausreichend genaue Ergebnisse für den einzelnen Betrieb erzielen.

8. Weitere Infos

Holger Buck (Naturland) führt im Rahmen des Beratungsnetzwerks Möhre entsprechende Praxisversuche auf Biobetrieben durch. Er hat dazu in den letzten Jahren in den einschlägigen Fachzeitschriften schon verschiedene Artikel publiziert, z.B.:

Buck (2022): Paradigmenwechsel im Bio-Lagermöhrenanbau. ÖKOmenischer Gärtnerrundbrief 01 (2022): 30-34.

Kontakt Regioberater

Daniel Gärttling

Daniel Gärttling
Tel.+49 2506 309-631
daniel.gaerttling(at)lwk.nrw.de

Letztes Update dieser Seite: 16.01.2024