Kompostierung von Rindermist mit Holzhackschnitzeln

1. Versuchsdurchführung

Regionetzwerk Brandenburg

2. Hintergrund

Um die Nährstoffhaltefähigkeit der sandigen Böden in Brandenburg aufzuwerten und dem Betriebssystem Kohlenstoff zurückzuführen, können Holzhackschnitzel aus Baum- und Strauchschnitt genutzt werden. Diese können mit anderen Substraten wie Rindermist kompostiert werden, um eine Stickstoffsperre im Boden zu verhindern. Im vorliegenden Praxisversuch wurde eine sauerstoffarme Kompostierung in Anlehnung an das Verfahren der Mikrobiellen Carbonisierung (Witte Bio Consult, 2014; ProBio, 2022) untersucht. Hierbei wurde der Kompost aus arbeitswirtschaftlichen Gründen nicht umgesetzt, sondern in der ursprünglichen Miete belassen. Ziel des Versuchs ist es, abzuleiten, wie die Kompostierung von Rindermist mit Holzhackschnitzeln gelingen kann.
Der Praxisversuch ist angelehnt an einen Bericht im Rahmen des Moduls "Forschungsprojekt" an der TUM zur "Überlebensfähigkeit der Samen des Stumpfblättrigen Ampfers (Rumex obtusifolius) bei der betriebseigenen Kompostierung" (Froschmeier, 2023).

3. Versuchsfrage(n)

Wie hoch darf der Anteil an Holzhackschnitzeln in einem Kompost mit Rindermist sein, sodass ein wertvolles Substrat zur Kleegrasdüngung entsteht?
Ist das entstehende Substrat unbedenklich in Bezug auf keimfähige Beikrautsamen, Schwermetalle und Verunreinigung?

4. Versuchsaufbau

Standortbeschreibung
Boden-Klima-RaumTrocken-warme diluviale Bödes des ostdeutschen Tieflandes
Höhenlage (m ü NN)51
BodenartLehmiger Sand
Jahresniederschlag in mm565 mm (2020: 487 mm, 2021: 538 mm; 2022: 428 mm)
Durchschnittstemperatur in °C10 °C (2020: 11,2 °C; 2021: 9,8 °C; 2022: 11,0 °C)
Versuchsparameter
Versuchstyp*Einzelversuch, Demoanlage
AnlagentypVerfahrensversuch Kompostierung
Prüffaktor/enA) Anteil Holzhackschnitzel (Volumengewicht)
B) Tiefe in der Miete (Raschelsäcke mit Substrat, Temperaturloggern und Beikrautsamen)
FaktorstufenA)
V01: 60 % Rindermist – 40 % Holzhackschnitzel
V02: 40 % Rindermist – 60 % Holzhackschnitzel
B)
V01: oben - 25 cm tief in der Miete
V02: unten – 150 cm tief in der Miete
Anzahl Wiederholungen 3 (unechte Wiederholungen)
PrüfmerkmaleNähr- und Schadstoffanalyse Ausgangsmaterialien (Holzhackschnitzel, Rindermist), Nähr- und Schadstoffanalyse nach 100 Tagen Kompostierung (als organische Dünger und Kompost), Überlebensfähigkeit Beikrautsamen (Melde, Atriplex sp.) nach Tetrazoliumuntersuchung, Temperaturverlauf, Gewichtsverlust
Versuchszeitraum02/2023 – 05/2023

* Eine Beschreibung verschiedener Versuchstypen und einiger Grundbegriffe der Versuchsanstellung finden Sie hier (pdf-Datei, 0,4 MB).

Legende

BezeichnungVarianteVolumengewicht
V01Miete 1 (60:40)60 % Rindermist
40 % Holzhackschnitzel
V02Miete 2 (40:60)40 % Rindermist
60 % Holzhackschnitzel

 

5. Der Versuch in Bildern

Ausgangsmaterial Rindermist. Foto: Charlotte Kling

Ausgangsmaterial Holzhackschnitzel. Foto: Charlotte Kling

Um eine gleichmäßige Durchmischung mit dem Miststreuer zu gewährleisten, müssen die Materialien mit dem Radlader vorgemischt werden. Foto: Charlotte Kling

Die Mischung wird mit dem Miststreuer zur Miete abgestreut. Foto: Charlotte Kling

In die Miete werden Temperaturlogger und Unkrautsamen in je 25 cm und 150 cm unter der Oberfläche platziert. Foto: Charlotte Kling

Die fertige Miete wird angedrückt, um die Luftzufuhr von außen zu verringern. Foto: Charlotte Kling

Miete nach 100 Tagen Kompostierung. Foto: Charlotte Kling

Kompost nach 100 Tagen in der 40:60 Miete 25 cm unter der Oberfläche. Foto: Charlotte Kling

Kompost nach 100 Tagen in der 60:40 Miete 25 cm unter der Oberfläche. Foto: Charlotte Kling

Kompost nach 100 Tagen in der 40:60 Miete 150 cm unter der Oberfläche. Foto: Charlotte Kling

Kompost nach 100 Tagen in der 60:40 Miete 150 cm unter der Oberfläche. Foto: Charlotte Kling

6. Versuchsauswertung

6.1    Fragstellung 1 – Beobachtung

Wie kann die Kompostierung von Rindermist mit Holzhackschnitzeln gelingen?
Der Baum- und Strauchschnitt wurde circa 10 Tage vor Versuchsanlage zu Holzhackschnitzel in Größe G50 (5,6 – 31,5 mm, Ø 50 mm²) gehackt. Zur Versuchsanlage wurden Holzhackschnitzel und Rindermist vorgemischt, mit dem Miststreuer zu Mieten abgestreut und anschließend mit dem Frontlader angedrückt. Innerhalb von ca. 3 Stunden wurde so eine Miete mit 20 m Länge und etwa 1,70 m Höhe angelegt. Beim Abstreuen flogen größere Holzteile weiter als der Rest der Mischung und wurden entsprechend nicht eingemischt.
In den ersten 5 Tagen nach dem Aufsetzen war eine starke Dampfentwicklung festzustellen, die auf die Heißrottephase des Komposts hinwies.

Etwa 14 Tage nach Aufsetzen des Komposts bildeten sich an der Oberfläche ein weißer Überzug, wie es für Komposte in der thermophilen Phase der Kompostierung typisch ist. Die stäbchenartigen Aktinomyceten können schwer abbaubare Substanzen wie Cellulose und Chitin verwerten und sind am Auf- und Abbau von Humusstoffen beteiligt.

Nach 100 Tagen Kompostierung waren die Holzhackschnitzel nur zum Teil umgesetzt. Im unteren Teil der Mieten war der Trockensubstanzgehalt unabhängig vom Holzhackschnitzelanteil mit im Mittel 52-60% doppelt so hoch wie 25 cm unter der Oberfläche (25-30%) (Abbildung 1). Die Oberfläche der Miete wurde voraussichtlich durch Regen angefeuchtet, was die Massezunahme in der Originalsubstanz nach 100 Tagen Kompostierung erklären kann. Der Niederschlag reichte jedoch nicht aus, um die gesamte Miete zu durchfeuchten. Im unteren Teil der Miete könnte es durch die geringe Feuchtigkeit zu einer Unterbrechung der Kompostierungsprozesse gekommen sein.

Nach der Bioabfallverordnung (BioAbfV Anhang 2, 2.2.2 und 2.2.3) sollen für die aerobe hygienisierende Behandlung (thermophile Kompostierung) über einen möglichst zusammenhängenden Zeitraum von 14 Tagen Temperaturen von mindestens 55°C erreicht werden, zusätzlich für 6 Tage über 60°C und für 3 Tage über 65°C. Bei der anaeroben hygienisierenden Behandlung (thermophile Vergärung) sollen nach der Bioabfallverordnung über einen zusammenhängenden Zeitraum der Mindestverweilzeit mindestens 50°C auf das gesamte Material einwirken.

Da das Material zwar ohne Umsetzen, aber nicht unter Sauerstoffausschluss kompostiert wurde, handelt es sich bei der vorliegenden Kompostierung um eine aerobe Behandlung. In der Miete wurden insgesamt 12 Temperaturlogger ausgelegt, 3 Stück je Variante etwa 25 cm unter der Oberfläche der Miete und 3 Stück etwa 150 cm tief in der Miete. Obwohl die Logger mit doppelten Plastiktüten geschützt wurden, trat Feuchtigkeit ein, die nach unterschiedlicher Anzahl von Tagen zum Ausfall der Geräte führte. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 aufgelistet, und geben nur einen beschränkten Einblick in die Temperaturentwicklung in den Mieten. Sie weisen jedoch darauf hin, dass die Kompostmieten nicht ausreichend heiß wurden.

Tabelle 1: Ergebnisse der Temperaturlogger in den Kompostvarianten 60:40 und 40:60 Rindermist zu Holzhackschnitzeln 25 cm sowie 150 cm tief in der Miete. Von Messbeginn bis Geräteausfall ist die Anzahl von Tagen angegeben, an denen die Mindesttemperaturen 55 °C / 60°C / 65°C erreicht wurden.

TiefeRindermist/HackschnitzelLoggerMesstage bis Ausfall55°C (mind. 14 Tage)60°C (mind. 6 Tage)65°C (mind. 3 Tage)

 


25 cm


60:40

14332
20---
30---


40:60

135100
20---
30---

 


150 cm


60:40

10---
20---
315730


40:60

112530
224000
30---

In Abbildung 2 wird anhand von zwei Temperaturverlaufskurven deutlich, dass im Kompostierungsprozess mehrere Heißphasen aufeinander folgen.

6.2 Fragestellung 2 – Beobachtung


Wie hoch darf der Anteil an Holzhackschnitzeln in einem Kompost mit Rindermist sein, sodass ein wertvolles Substrat zur Kleegrasdüngung entsteht?
Organische Dünger haben nur einen geringen Anteil an schnell verfügbarem Stickstoff. Der größere Anteil ist organisch gebunden und wird durch mikrobielle Prozesse im Boden (Mineralisierung) in die pflanzenverfügbaren Formen Nitrat und Ammonium umgesetzt. Die Verfügbarkeit des Stickstoffs ist abhängig vom Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (C/N-Verhältnis). Hohe C/N-Verhältnisse (C/N > 25) führen in der Regel zu einer starken Stickstoffbindung (N-Immobilisierung) in der organischen Substanz.

Im Kompostierungsprozess wird in Cellulose gebundener Kohlenstoff von Pilzen wie den Aktinomyceten abgebaut. In Abbildung 3 sind die C/N-Verhältnisse der Ausgangsmaterialien und Mischungen vor und nach 100 Tagen Kompostierung aufgeführt. Das hohe C/N-Verhältnis der Holzhackschnitzel von 57 im Mittel wurde durch die Mischung mit 60% Rindermist (C/N 17) auf 25 und durch die Mischung mit 40% Rindermist auf 35 reduziert. Nach 100 Tagen Kompostierung war das C/N-Verhältnis im Kompost mit geringerem Holzhackschnitzelanteil (40%) nicht verändert. In der Mischung mit mehr Holzhackschnitzeln (60%) war das C/N-Verhältnis nur im unteren Teil der Miete (150 cm) verringert und dort auf dem Niveau der anderen Mischung. Unter der Mietenoberfläche (25 cm) blieb das C/N-Verhältnis mit 32 im Mittel unverändert.

Es bleibt zu ergründen, ob eine längere Kompostierung das C/N-Verhältnis weiter reduziert. Da die hohen Kohlenstoffanteile eine Stickstoff-Immobilisierung bewirken können und keine N-Düngungswirkung zu erwarten ist, sollten die Komposte zu Luzerne-Kleegras ausgebracht werden.

In den Faustzahlen für den Ökologischen Landbau (KTBL, 2015) sind mittlere Nährstoffgehalte von Grüngutkomposten wie folgt angegeben:

  • Gesamt-N 7.2 kg/t FM
  • K2O 6.4 kg/ t FM
  • MgO 4.6 kg/ t FM
  • P2O5 3.2 kg/ t FM
  • S 1.3 kg/t FM

In Abbildung 4, 5 und 6 sind die Nährstoffgehalte für N, P, K, CaO, Mg, S sowie Na, Mn, Cu, Zn in den untersuchten Komposten aufgeführt. Bis auf einen vergleichsweise geringen Magnesiumgehalt liegen alle Nährstoffe, unabhängig des Mischungsverhältnisses, etwa auf dem Niveau der Faustzahlen des KTBL. Auffällig ist jedoch die Nährstoffverteilung innerhalb der Miete. Besonders Gesamt-N, Kalium (K2O) und Calcium (CaO) sind im unteren Teil der Miete bei 150 cm um ein Vielfaches höher. Die Tendenzen sind auch für Phosphor, Magnesium und Natrium zu erkennen. Zur Homogenisierung der Nährstoffgehalte kann das Material erneut durchmischt und umgesetzt werden.

6.3 Fragestellung 3 – Beobachtung

Ist das entstehende Substrat unbedenklich in Bezug auf keimfähige Beikrautsamen, Schwermetalle und Verunreinigung?
Nach 100 Tagen Kompostierung wurde die Mischung mit höherem Holzhackschnitzelanteil zusätzlich als Kompost nach RAL-Gütezeugnis-Standards analysiert. Die Werte in Tabelle 2 zeigen, dass dieser in Bezug auf keimfähige Beikrautsamen, Schwermetalle und Verunreinigung unbedenklich ist und die Grenzwerte für den Ökolandbau einhält. Es wurde in der Kompostprobe nach RAL-Standard jedoch ein - im Vergleich zur Analyse als organischer Dünger - sehr viel höheres C/N-Verhältnis von 44 festgestellt.

Die Proben, die als organischer Dünger analysiert wurden, wurden zwar zusätzlich vermahlen, um eine Durchmischung zu gewährleisten, eventuell wurde bei der Kompostanalyse jedoch ein besserer Aufschluss erreicht. Das macht deutlich, wie wichtig es ist, mehrere Proben zu analysieren. Dies ist jedoch bei der Kompostprobe nach RAL-Standard, welche mehr als 300 € kostet, nicht praxistauglich.

Tabelle 2: Bewertung des Kompostes nach RAL-Standards für ökologisch zertifizierten Grüngutkompost. Durchschnittswerte nach KTBL (2015) Faustzahlen für den Ökologischen Landbau, Grenzwerte nach RAL und QA Fertigkompost nach BGK.

Zusätzlich wurden an den Boniturpunkten Meldesamen (Atriplex sp.) in Nylonstrümpfen ausgelegt. Diese wurden vor und nach 100 Tagen Kompostierung anhand einer Tetrazoliumuntersuchung auf ihre Überlebensfähigkeit getestet. Vor der Kompostierung waren 93 % der Meldesamen (Atriplex sp.) lebensfähig. Nach 100 Tagen Kompostierung waren in dem Kompost mit 40 % Holzhackschnitzeln in allen sechs Proben 0 % der Meldesamen lebensfähig. Im Kompost mit 60 % Holzhackschnitzeln waren in vier Proben keine lebensfähigen Samen mehr, jedoch beinhalteten zwei Proben aus dem unteren Teil der Miete (150 cm) 16 % bzw. 69 % lebensfähige Meldesamen.

7. Fazit und Ausblick

Nach 100 Tagen Kompostierung waren die Holzteile noch nicht umgesetzt und es wurden in den Mieten große Unterschiede insbesondere im Stickstoff-, Kalium- und Calciumgehalt sowie der Trockensubstanz festgestellt.

Bei einer Neuanlage einer Miete sollten folgende Stellschrauben angepasst werden:

  • Hacken des Baum- und Strauchschnitts auf Größe G30 (2,8 – 16 mm, Ø 30 mm) statt G50 (5,6 – 31,5 mm, Ø 50 mm²)
  • Holzhackschnitzelanteil von maximal 50 %
  • Zugabe von Wasser beim Aufsetzen
  • Einmaliges Umsetzen zur besseren Durchmischung
  • Kompostierung über mehrere Monate

8. Weitere Infos

  • Witte Bio Consult (2014) Die Microbielle Carbonisierung. Online unter: www.mc-bicon.de/die-fakten.php (21.09.2023)
  • Froschmeier, C. & Chmelikova, L. (2023) Überlebensfähigkeit der Samen des Stumpfblättrigen Ampfers (Rumex obtusifolius) bei der betriebseigenen Kompostierung. Bericht im Rahmen des Moduls «Forschungsprojekt» an der TUM School of Life Sciences der Technischen Universität München.
  • Projekt "Untersuchungen zur optimalen Produktion und pflanzenbaulichen Verwertung von Biogut- und Grüngutkompost im ökologischen Landbau (ProBio"". Laufzeit: 08/2019 - 12/2022. Praxisblätter online unter: https://orgprints.org/id/eprint/36440/ (21.09.2023) und Projektwebseite: www.projekt-probio.de (21.09.2023)
  • EIP agri-Projekt "Innovative Kompostsysteme für mehr Bodenfruchtbarkeit" (Laufzeit: 03/2015 – 03/2019). Abschlussbericht online unter: www.eip-agrar-sh.de/fileadmin/download/1._Call/Innovation_Kompostsysteme/Abschlussbericht_EIP_Innovation_Kompostsysteme_Bodenfruchtbarkeit.pdf (21.09.2023)
  • Bachinger, J., Becherer, U., Bee, W., Belau, T., Blum, H., Blumensteil, A. et al. (2015) Faustzahlen für den Ökologischen Landbau. Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (Hrsg.), Darmstadt.

Kontakt Regioberaterin

Charlotte Kling
Tel.+49 3334 657-239
ckling(at)hnee.de

Letztes Update dieser Seite: 16.01.2024